Der weibliche Beckenboden
im Triathlon

Wer ist der „Beckenboden“ und was kann er überhaupt?
Ein wichtiges Thema nicht nur für Schwangere oder Mütter!

Klar haben wohl die meisten Frauen schon mal was vom Beckenboden gehört. Und wenn beim Stabi-Training gesagt wird: „Und jetzt den Beckenboden anspannen“, machen sicher auch alle ganz brav mit. Jedoch wissen wahrscheinlich die wenigsten, wie es denn wirklich gut funktioniert mit dem Anspannen. Und noch weniger Frauen ist bewusst, dass das dieser Muskel auch trainiert werden sollte, wenn man nicht gerade ein Kind zur Welt gebracht hat.

Physiotherapie - Beckenboden 
Luisa Dartmann geborene Luisa Kienle
Physiotherapie - Beckenboden 
Luisa Dartmann geborene Luisa Kienle

Warum ist es für Triathletinnen wichtig, den Beckenboden zu trainieren?


Die Themen rund um den Beckenboden wie z.B. „Urininkontinenz, Beckenbodendysfunktionen und Beckenringschmerzen“ stehen nicht ausschließlich in Zusammenhang mit Schwangerschaft, Geburt oder Frauen nach der Menopause. Gerade für Sportlerinnen ist es besonders wichtig, dass sie sich mit der Beckenbodenmuskulatur näher befassen. Das Alter der Athletin spielt hierbei keine Rolle. Denn entgegen der Annahme, der Beckenboden sei bei Sportlerinnen entsprechend ihres sonstigen Trainingszustandes, ebenfalls kräftig und würde automatisch mit trainiert, zeigen Studien eine Urininkontinenzrate bei Leistungssportlerinnen von bis zu ca. 70% (Chisholm et al. 2019; Da Roza et al. 2015; Eliasson et al. 2008). Neben Rückschlagsportarten und Ballsportarten treten Beckenbodendysfunktionen vermehrt bei Ausdauersportlerinnen auf (Schulte-Frei & Jäger, 2018; Araújo et al. 2008; Bø & Borgen, 2001)

Wer ist der „Beckenboden“ und was kann er?

Die Beckenbodenmuskulatur spielt Wort wörtlich eine tragende Rolle im weiblichen Körper. So schließt diese Muskulatur den Bauchraum nach unten hin unvollständig ab und hält damit unsere Bauchorgane an Ort und Stelle. Der Begriff „Boden“ ist etwas irreführend. Gleicht die Muskulatur doch eher einem Trichter denn einem ebenen Boden. Bekannt ist wahrscheinlich, dass der Beckenboden für die Kontinenz verantwortlich ist. Neben dieser Aufgabe ist es aber auch wichtig, dass sich die Muskulatur im richtigen Moment entspannen kann – wie z.B. bei der Miktion, beim Geschlechtsverkehr oder während des Geburtsvorgangs.

Als wären das nicht schon genug Aufgaben, soll er auch noch bei plötzlichen Ereignissen wie Husten, Niesen, Lachen oder eben beim Sport „Dicht halten“. Man kann ihn durchaus mit einem Trampolin vergleichen (Tanzberger et al. 2019; Carrière, 2010). Es ist also ein fein abgestimmtes Zusammenspiel von An- und Entspannung der Beckenbodenmuskulatur nötig. Auch darf man die hormonellen Einflüsse auf diese Muskelgruppe nicht außer Acht lassen. Besonders das Östrogen ist bedeutend für die Funktionalität des Beckenbodens. Kommt es zu Schwankungen, welche innerhalb des weiblichen Zyklus physiologisch sind, oder zu einem Ungleichgewicht, kann das vorübergehende aber auch langanhaltende Dysfunktionen des Beckenbodens mit sich ziehen (Bø, 2004; Lebenstedt, Platte & Pirke, 1999).

Was, wenn der Beckenboden nicht gut genug trainiert ist?

Kann die Beckenbodenmuskulatur diese komplexen Aufgaben nicht oder nur unzureichend übernehmen, dann kann sich dies in verschiedenen Symptomen äußern:

- Schmerzen im Beckenbereich
- Urin- oder Stuhlinkontinenz
- Senkung bzw. Vorwölbung der Beckenorgane wie z.B.
  Gebärmutter oder Harnblase, ein sogenannter
  Organprolaps, was eine schwerwiegende Pathologie
  darstellt (Yi et al. 2016)
- Möglicherweise steht eine untrainierte
  Beckenbodenmuskulatur auch in Zusammenhang mit
  Rückenschmerzen (Welk & Baverstock, 2020)

Physiotherapie - Beckenboden 
Luisa Dartmann geborene Luisa Kienle

Was sind Grundsätze eines guten Beckenbodentrainings?

Durch ein individuell abgestimmtes Training kann die Beckenbodenmuskulatur gezielt dynamisch trainiert werden, so dass oben genannten Problematiken vorgebeugt werden kann. Sollten bereits Symptome bestehen, können diese so reduziert werden. Leider halten wissenschaftliche Erkenntnisse nur langsam Einzug in das Beckenbodentraining. Und so kursieren noch einige veraltete Ansichten. Zum Beispiel liegt der Schwerpunkt häufig noch auf reinem isometrischem oder konzentrischem Training. Dass der Beckenboden aber unter Belastung reflektorisch anspannen muss, wird meist nicht trainiert. Auch kann zu viel in die Anspannung trainiert werden, was einen schlechten Einfluss auf das neuromuskuläre Gleichgewicht haben kann und somit z.B. eine Inkontinenz eher fördert (Schulte-Frei & Schwenner, 2020). Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass jede Triathletin, egal welchen Leistungsniveaus, ihre Beckenbodenmuskulatur trainieren sollte. Wichtig ist, dass dieses Thema dringend nicht nur im Kontext Schwangerschaft und Geburt betrachtet werden darf. Ein dynamisch trainierter Beckenboden trägt maßgeblich zu einem stabilen Rumpf bei. Dieser wiederum ist ein zentraler Pfeiler, wenn es um Leistungssteigerung oder Verletzungsprophylaxe geht. Die Folgen einer Dysfunktion können möglicherweise auch erst in höherem Alter auftreten. Dann ist ein Training jedoch deutlich schwieriger. Also starte jetzt mit einem individuell abgestimmten Beckenbodentraining für Triathletinnen.

was einen schlechten Einfluss auf das neuromuskuläre Gleichgewicht haben kann und somit z.B. eine Inkontinenz eher fördert (Schulte-Frei & Schwenner, 2020). Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass jede Triathletin, egal welchen Leistungsniveaus, ihre Beckenbodenmuskulatur trainieren sollte. Wichtig ist, dass dieses Thema dringend nicht nur im Kontext Schwangerschaft und Geburt betrachtet werden darf. Ein dynamisch trainierter Beckenboden trägt maßgeblich zu einem stabilen Rumpf bei. Dieser wiederum ist ein zentraler Pfeiler, wenn es um Leistungssteigerung oder Verletzungsprophylaxe geht. Die Folgen einer Dysfunktion können möglicherweise auch erst in höherem Alter auftreten. Dann ist ein Training jedoch deutlich schwieriger. Also starte jetzt mit einem individuell abgestimmten Beckenbodentraining für Triathletinnen.

LITERATURVERZEICHNIS

Araújo, Maíta Poli de; Oliveira, Emerson de; Zucchi, Eliana V. Monteiro; Trevisani, Virginia Fernandes Moça; Girão, Manoel João Batista Castello; Sartori, Marair Gracio Ferreira (2008):
The relationship between urinary incontinence and eating disorders in female long-distance runners.

In: Revista da Associacao Medica Brasileira (1992) 54 (2), S. 146–149. DOI: 10.1590/s0104-42302008000200018.

Bø, Kari; Borgen, J. S. (2001): Prevalence of stress and urge urinary incontinence in elite athletes and controls.
In: Medicine and science in sports and exercise 33 (11), S. 1797–1802. DOI: 10.1097/00005768-200111000-00001.

Bø, K. (2004). Urinary incontinence, pelvic floor dysfunction, exercise and sport.
Sports Medicine (Auckland, N.Z.), 34(7), 451–464. doi: 10.2165/00007256-200434070-00004

Carrière, B. (2010). Beckenboden: Physiotherapie und Training
(2., vollst. überarb. u. erw. Aufl.). Physiofachbuch (Thieme). Stuttgart: Thieme.

Chisholm, Leah; Delpe, Sophia; Priest, Tiffany; Reynolds, W. Stuart (2019): Physical Activity and Stress Incontinence in Women.
In: Current bladder dysfunction reports 14 (3), S. 174–179. DOI: 10.1007/s11884-019-00519-6.

Da Roza, Thuane; Brandão, Sofia; Mascarenhas, Teresa; Jorge, Renato Natal; Duarte, José Alberto (2015): Volume of training and the ranking level are associated with the leakage
of urine in young female trampolinists.

In: Clinical journal of sport medicine : official journal of the Canadian Academy of Sport Medicine 25 (3), S. 270–275. DOI: 10.1097/JSM.0000000000000129.

Eliasson, Kerstin; Edner, Ann; Mattsson, Eva (2008): Urinary incontinence in very young and mostly nulliparous women with a history of regular organised high-impact trampoline training:
occurrence and risk factors.

In: International urogynecology journal and pelvic floor dysfunction 19 (5), S. 687–696. DOI: 10.1007/ s00192–007–0508–4.

Lebenstedt, M., Platte, P. & Pirke, K. M. (1999). Reduced resting metabolic rate in athletes with menstrual disorders.
Medicine and Science in Sports and Exercise, 31(9), 1250–1256. doi: 10.1097/00005768-199909000-00004

Schulte-Frei, B. & Jäger, L. (2018). Inkontinenz bei Leistungssportlerinnen.
Physioscience, 14(03), 105–111. doi: 10.1055/a-0658-0190

Schulte-Frei, B. & Schwenner, E. (2020). Mit maximaler Kraft, Ausdauer- und Entspannung: Physio- und sporttherapeutische Konzepte bei Inkontinenz.
Journal für Urologie und Urogynäkologie/ Österreich 1 · 2020 · 27:3–7. doi: 10.1007 s41972-020-00098-3.

Tanzberger, R., Kuhn, A., Möbs, G., Baumgartner, U., Daufratshofer, M., Kress, A. & Kuntner, L. (2019). Der Beckenboden - Funktion, Anpassung und Therapie: Das Tanzberger-Konzept®
(4. Auflage). München: Elsevier Urban & Fischer.

Welk, B. & Baverstock, R. (2020). Is there a link between back pain and urinary symptoms?
Neurourology and Urodynamics, 39(2), 523–532. doi: 10.1002/nau.24269

Yi, Johnny; Tenfelde, Sandi; Tell, Dina; Brincat, Cynthia; Fitzgerald, Colleen (2016): Triathlete Risk of Pelvic Floor Disorders, Pelvic Girdle Pain, and Female Athlete Triad.
In: Female pelvic medicine & reconstructive surgery 22 (5), S. 373–376. DOI: 10.1097/SPV.0000000000000296.